\chapter{Vorwort} Dieses Dokument wurde im Rahmen der Masterarbeit \enquote{Konzeption und Umsetzung eines IPv6-VPN für die Abteilung Informatik} erstellt. Im Rahmen der Masterarbeit wird beschrieben, wie ein IP6-VPN-Dienst auf Basis von OpenVPN konzipiert und eingerichtet wird. Für den Betrieb dieses Dienst wird eine Zertifizierungsstelle (\textit{Certificate Authority}, kurz CA) benötigt, die für Benutzer und den Serverbetreiber SSL-Zertifikate ausstellen kann. In diesem Dokument wird die Einrichtung und der Betrieb der CA beschrieben. Weiterhin sind Anleitungen für Benutzer und Serveradministratoren des VPN-Dienstes enthalten, in denen die Beantragung von Client- und Server-Zertifikaten bei der CA beschrieben wird. Die in diesem Dokument beschriebene Konfiguration der CA wurde im Rahmen der Masterarbeit konzipiert. Entscheidungen, die zu der hier beschriebenen Konfiguration geführt haben können in der Masterarbeit nachvollzogen werden. \chapter{Aufbau der Zertifizierungsstelle} Bevor Zertifikate durch die CA ausgestellt werden könnnen, muss die CA erst eingerichtet werden. Dies geschieht auf Basis von EasyRSA, welches von den OpenVPN-Entwicklern zur Verfügung gestellt wird. EasyRSA ist eine Sammlung von Skripten, die unter Verwendung von OpenSSL den Funktionsumfang einer Zertifizierungsstelle bieten. Durch die Kapselung von OpenSSL-Befehlen und die Verwendung einer übersichtlichen Konfigurationsdatei ermöglicht EasyRSA das komfortable und sichere Verwalten einer CA. Für die Durchführung aller Schritte dieser Anleitung werden die folgenden Programme benötigt. \begin{itemize} \item \texttt{openssl} \item \texttt{gnupg} \item \texttt{wget} \item \texttt{zip} \end{itemize} \section{Installation der CA} Aktuelle Versionen von EasyRSA sind auf GitHub unter \enquote{Releases}\footnote{\url{https://github.com/OpenVPN/easy-rsa/releases}} zu finden. Neben den auf GitHub zur Verfügung stehenden Releases werden auch GPG-Signaturen angeboten, über welche die Releases authentisiert werden können. Im oben erwähnten Repository sind unterhalb von \texttt{./release-keys/README.md}\footnote{\url{https://github.com/OpenVPN/easy-rsa/tree/v3.0.4/release-keys}} passende GPG-Schlüssel aufgeführt. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Dokuments (13.09.2018) ist Version 3.0.4 aktuell. Im ersten Schritt wird die aktuelle Version von EasyRSA beschafft und authentisiert. \begin{lstlisting} # Aktuelles Release v3.0.4 beschaffen wget https://github.com/OpenVPN/easy-rsa/releases/download/v3.0.4/ \ EasyRSA-3.0.4.tgz wget https://github.com/OpenVPN/easy-rsa/releases/download/v3.0.4/ \ EasyRSA-3.0.4.tgz.sig # Aktuell gültige(n) GPG-Schlüssel für die Signaturprüfung beschaffen gpg --recv-keys 6F4056821152F03B6B24F2FCF8489F839D7367F3 # Signatur der heruntergeladenen Datei überprüfen gpg --verify EasyRSA-3.0.4.tgz.sig EasyRSA-3.0.4.tgz \end{lstlisting} Nach der erfolgreichen Authentisierung des heruntergeladenen Archivs kann dieses nun entpackt und verwendet werden. \begin{lstlisting} tar xzf EasyRSA-3.0.4.tgz cd EasyRSA-3.0.4 \end{lstlisting} \section{Konfiguration der CA} Im nächsten Schritt wird auf Basis der Datei \texttt{vars.example} die Konfigurationsdatei \texttt{vars} erzeugt und anschließend bearbeitet. \begin{lstlisting} cp vars.example vars vim vars \end{lstlisting} In der so erzeugten Konfigurationsdatei werden nun die folgenden Einträge auskommentiert und entsprechend angepasst. Zertifikate sollen als \textit{Distinguished Name} (DN) das volle Organisationsschema enthalten. Dadurch können Zertifikate bei Betrachtung leicht der Abteilung Informatik zugeordnet werden. \begin{lstlisting} set_var EASYRSA_DN "org" \end{lstlisting} Die folgenden Werte sind Standardvorgaben des Organisationsschema für neue Zertifikatsanträge. Lediglich der \textit{Common Name} (CN) wird für alle Zertifikate individuell gewählt. \begin{lstlisting} set_var EASYRSA_REQ_COUNTRY "DE" set_var EASYRSA_REQ_PROVINCE "Niedersachsen" set_var EASYRSA_REQ_CITY "Hannover" set_var EASYRSA_REQ_ORG "Hochschule Hannover" set_var EASYRSA_REQ_EMAIL "F4-I-IT-Team@hs-hannover.de" set_var EASYRSA_REQ_OU "Abteilung Informatik" \end{lstlisting} Alle erzeugten Zertifikate sollen auf RSA-Schlüsselpaaren mit 4096 Bit Länge basieren. \begin{lstlisting} set_var EASYRSA_KEY_SIZE 4096 set_var EASYRSA_ALGO rsa \end{lstlisting} Das Wurzelzertifikat der CA soll für 10 Jahre gültig sein. \begin{lstlisting} set_var EASYRSA_CA_EXPIRE 3650 \end{lstlisting} Ausgestellte Zertifikate sollen ein halbes Jahr lang gültig sein. \begin{lstlisting} set_var EASYRSA_CERT_EXPIRE 180 \end{lstlisting} Die von der CA erzeugte \textit{Certificate Revocation List} (CRL) soll ein halbes Jahr lang gültig sein. \begin{lstlisting} set_var EASYRSA_CRL_DAYS 180 \end{lstlisting} Mit der Durchführung der aufgeführten Änderungen ist die Konfiguration der CA abgeschlossen. \section{Initialisierung der CA} Als nächstes muss die Verzeichnisstruktur der CA initialisiert werden. \begin{lstlisting} ./easyrsa init-pki \end{lstlisting} Im Anschluss kann das Wurzelzertifikat der CA erzeugt werden. \begin{lstlisting} # ./easyrsa build-ca nopass ./easyrsa build-ca \end{lstlisting} \textbf{Hinweis}: Besteht der begründete Wunsch, den privaten Schlüssel der CA \textbf{nicht} mit einem Passwort zu schützen, so kann das Argument \texttt{nopass} an den Befehl \texttt{build-ca} angehängt werden. Dies kann nützlich sein um die regelmäßige Ausstellung einer CRL zu automatisieren. Sollte der private Schlüssel in die Hände eines Angreifers gelangen, so kann dieser beliebige Zertifikate durch die CA ausstellen. Ein Passwortschutz wird ausdrücklich empfohlen sofern keine sonstigen Maßnahmen zum Schutz des privaten Schlüssels der CA vor unbefugtem Zugriff getroffen werden! \section{Bereitstellung der CA-Konfiguration für Benutzer} Damit Benutzer korrekte Zertifikatsanträge erzeugen können, muss ihnen die Datei \texttt{vars} zur Verfügung gestellt werden. Um Kompatibilitätsprobleme durch die Verwendung von verschiedenen EasyRSA-Versionen auszuschließen, wird empfohlen für Benutzer ein passendes Paket zusammenzustellen. Als Basis wird jeweils das \texttt{*.zip}-Release der aktuellen Version von EasyRSA empfohlen, da dieses für Windows-Benutzer notwendige Abhängigkeiten wie \texttt{awk} und \texttt{sed} bereits enthält. Zunächst wird das aktuelle \texttt{*.zip}-Release von EasyRSA beschafft und authentisiert. \begin{lstlisting} # Aktuelles Release v3.0.4 beschaffen wget https://github.com/OpenVPN/easy-rsa/releases/download/v3.0.4/ \ EasyRSA-3.0.4.zip wget https://github.com/OpenVPN/easy-rsa/releases/download/v3.0.4/ \ EasyRSA-3.0.4.zip.sig # Aktuell gültige(n) GPG-Schlüssel für die Signaturprüfung beschaffen gpg --recv-keys 6F4056821152F03B6B24F2FCF8489F839D7367F3 # Signatur der heruntergeladenen Datei überprüfen gpg --verify EasyRSA-3.0.4.zip.sig EasyRSA-3.0.4.zip \end{lstlisting} Nun kann die konfigurierte \texttt{vars}-Datei der CA zu dem beschafften \texttt{*.zip}-Archiv hinzugefügt werden. \begin{lstlisting} # Temporäres Verzeichnis erzeugen TD=`mktemp -d` # EasyRSA in temporäres Verzeichnis entpacken unzip EasyRSA-3.0.4.zip -d $TD # Vars-Datei hinzufügen cp /path/to/CA/vars $TD/EasyRSA-3.0.4/ # Ergebnis in neue Zip-Datei einpacken cd $TD zip -r VPN-EasyRSA.zip EasyRSA-3.0.4 # Neue Zip-Datei an sicheren Ort verschieben cd - cp $TD/VPN-EasyRSA.zip . # Temporäres Verzeichnis entfernen rm -rf $TD \end{lstlisting} Anschließend kann das angefertigte \texttt{*.zip}-Archiv den Benutzern zur Verfügung gestellt werden. \chapter{Beantragen von Zertifikaten} Um ein Zertifikat von der CA zu beantragen, wird das bereits vorkonfigurierte EasyRSA-Paket benötigt, welches durch das IT-Team der Abteilung Informatik bereitgestellt wird. Dieses kann nun in einem lokalen Ordner entpackt werden. Eine lauffähige Installation von OpenSSL, welches auch als Abhängigkeit von OpenVPN benötigt wird, wird ebenfalls vorausgesetzt. \textbf{Hinweis für Windows-Benutzer}: Der Pfad zum OpenSSL-Programm muss in der Datei \texttt{vars} von EasyRSA hinterlegt werden. Dafür kann auf das von OpenVPN installierte OpenSSL zurückgegriffen werden\footnote{Mehr dazu unter \\ \url{https://github.com/OpenVPN/easy-rsa/blob/v3.0.4/distro/windows/README-Windows.txt}}. Die folgenden Zeile zeigt beispielhaft die Verwendung des durch OpenVPN installierten OpenSSL-Programms: \begin{lstlisting} set_var EASYRSA_OPENSSL "C:/Program Files/OpenVPN/bin/openssl.exe" \end{lstlisting} Nun öffnet man ein Terminal, wechselt in das eben entpackte Verzeichnis von EasyRSA und kann den Befehl \texttt{./easyrsa} verwenden, um einen Zertifikatsantrag zu erzeugen. Unter Windows kann eine passende Konsole über die Datei \texttt{EasyRSA-Start.bat} aufgerufen werden. Im nächsten Schritt wird ein neuer Zertifikatsantrag inklusive neuem Schlüsselpaar erzeugt. \begin{lstlisting} # ./easyrsa gen-req entityName nopass ./easyrsa gen-req entityName \end{lstlisting} Für die Beantragung eines \textbf{Clientzertifikats} muss der Platzhalter \texttt{entityName} durch den hochschulweit gültigen Benutzernamen des Benutzers ersetzt werden. Für die Beantragung eines \textbf{Serverzertifikats} muss der Platzhalter \texttt{entityName} durch dessen vollqualifizierten Domainnamen des Servers ersetzt werden. Dieser kann beispielsweise \texttt{aither.inform.hs-hannover.de} lauten. \textbf{Hinweis}: Besteht der begründete Wunsch, den erzeugten, privaten Schlüssel \textbf{nicht} mit einem Passwort zu schützen, so kann das Argument \texttt{nopass} an den Befehl \texttt{gen-req} angehängt werden. Dies kann nützlich sein um den privaten Schlüssel ohne zusätzliche Passworteingabe zu benutzen - zum Beispiel zum Betrieb eines OpenVPN-Servers oder zum automatischen Verbindungsaufbau mit einem OpenVPN-Client. Sollte der private Schlüssel in die Hände eines Angreifers gelangen, so kann dieser ebenfalls das dazugehörige Zertifikat missbrauchen. Ein Passwortschutz wird ausdrücklich empfohlen sofern keine sonstigen Maßnahmen zum Schutz des privaten Schlüssels vor unbefugtem Zugriff getroffen werden! Sollte bereits ein vorheriger Zertifikatsantrag mit dem Namen existieren, so kann dieser ohne Risiko überschrieben werden. Dafür ist die Bestätigung der Sicherheitsabfrage mit \texttt{yes} erforderlich. Die in diesem Schritt erzeugte \texttt{*.csr}-Datei muss nun an die CA übergeben werden, um ein gültiges Zertifikat ausgestellt zu bekommen. \chapter{Ausstellen von Zertifikaten} Hat ein Benutzer einen Zertifikatsantrag erzeugt, so kann auf dessen Basis nun ein gültiges Zertifikat durch die CA erzeugt werden. Hierfür muss der Zertifikatsantrag zunächst aus der vom Benutzer eingereichten Datei importiert werden, und unter einem geeigneten Namen abgelegt werden. Dafür wird der Befehl \texttt{import-req} verwendet: \begin{lstlisting} ./easyrsa import-req /tmp/example.req entityName \end{lstlisting} Abhängig von dem Typ des beantragten Zertifikats muss der Platzhalter \texttt{entityName} gewählt werden. Der \texttt{entityName} wird auch zum Widerrufen bereits ausgestellter Zertifikate verwendet. Für die Beantragung eines \textbf{Clientzertifikats} muss der Platzhalter \texttt{entityName} durch den Benutzernamen des Benutzers ersetzt werden, der das Zertifikat beantragt. Für die Beantragung eines \textbf{Serverzertifikats} muss der Platzhalter \texttt{entityName} durch den vollqualifizierten Domainnamen des Servers ersetzt werden, für den das Zertifikat beantragt wird. Dieser kann zum Beispiel \texttt{aither.inform.hs-hannover.de} lauten. \textbf{Hinweis}: Falls bereits ein noch gültiges Zertifikat mit dem selben \texttt{CN} existiert, muss dieses vorher widerrufen werden. \begin{lstlisting} ./easyrsa revoke entityName \end{lstlisting} Ist der private Schlüssel der CA mit einem Passwort geschützt, so wird bei diesem Schritt danach verlangt. Nun kann der importierte Zertifikatsantrag als Client- oder Serverzertifikat signiert werden. \begin{lstlisting} # Clientzertifikat ausstellen ./easyrsa sign-req client username # Serverzertifikat ausstellen ./easyrsa sign-req server aither.inform.hs-hannover.de \end{lstlisting} Ist der private Schlüssel der CA mit einem Passwort geschützt, so wird bei diesem Schritt danach verlangt. \textbf{Hinweis}: Die Gültigkeitsdauer kann nach Ermessen der CA-Betreiber in begründeten Einzelfällen über den vorgegebenen Standardwert hinaus gewählt werden. Insbesondere bei der Ausstellung von Serverzertifikaten ist dieser Schritt sinnvoll. Bei der Wahl einer erhöhten Gültigkeitsdauer wird eine maximale Laufzeit von 730 Tagen (etwa 2 Jahren) wird empfohlen. In diesem Beispiel wird ein Serverzertifikat mit einer Laufzeit von 730 Tagen ausgestellt. \begin{lstlisting} EASYRSA_CERT_EXPIRE=730 ./easyrsa sign-req server aither.inform.hs-hannover.de \end{lstlisting} \chapter{Erzeugen der CRL} Der VPN-Server verwendet die von der CA ausgestellte CRL zur Überprüfung von Clientzertifikaten. In der Konfigurationsdatei des OpenVPN-Servers wird die CRL-Datei durch \texttt{verify-crl /path/to/crl.pem} angegeben. Somit können durch die CA widerrufene Zertifikate nicht mehr zur Anmeldung am VPN-Dienst benutzt werden. Die folgenden Befehle können zum Generieren der CRL verwendet werden: \begin{lstlisting} # Datenbank aktualisieren (regeneriert index.attrs.txt oder so TODO) ./easyrsa update-db # CRL erzeugen ./easyrsa gen-crl \end{lstlisting} Ist der private Schlüssel der CA mit einem Passwort geschützt, so wird bei diesem Schritt danach verlangt. \textbf{Achtung:} Der VPN-Server lehnt eine ungültige CRL-Datei ab und verweigert dann den Dienst. Deshalb sollte die CRL durch die CA regelmäßig erneuert werden und auf den VPN-Server übertragen werden. Anschließend sollte der VPN-Dienst via \texttt{systemctl reload ...} neu geladen werden. Eine Automatisierung dieses Vorgangs wird empfohlen.