Diese Arbeit beschäftigt sich mit \enquote{Complex Event Processing} (CEP), also der Verarbeitung komplexer Ereignisse auf Ereignisdatenströmen mit Integration von Hintergrundwissen, und der praktischen Nutzung der CEP-Engine C-SPARQL.
Nach einem kurzen Einstieg in das Thema CEP soll der Leser einen Einblick in die Features von aktuellen CEP-Engines erhalten und am Beispiel der Engine C-SPARQL\footnote{Mehr Informationen zu C-SPARQL und Download unter \url{http://streamreasoning.org/download}} die Verarbeitung von Ereignisströmen im RDF-Format in Kombination mit Hintergrundwissen im Detail kennenlernen.
An einem Beispielszenario soll dann der Praxiseinsatz von C-SPARQL erklärt werden, in dem einige der vorgestellten Funktionen Anwendung finden. Im Abschluss wird ein kurzer Ausblick auf die technischen Möglichkeiten des \enquote{Reasoning} gegeben - eine Technik, die es erlaubt auf den vorhandenen und eingehenden Daten logische Operationen und Schlussfolgerungen durchzuführen um daraus neues Wissen abzuleiten.
Im folgenden Abschnitt wird ein kurzer Einstieg in das Konzept von Complex Event Processing (CEP) gegeben. Eine detailreiche Erläuterung von CEP und die beispielhafte Anwendung der CEP-Engine \enquote{Esper} wird in \cite{hsh:cep} beschrieben.
Wie der Begriff \enquote{Complex Event Processing} schon andeutet, geht es bei CEP um die Verarbeitung von komplexen Ereignissen.
Dank der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung in unserer Welt steckt in nahezu jedem Gebäude, Fahrzeug, Haushaltsgerät bis hin zur Hosentasche inzwischen ein (wenn auch kleiner) Computer, der über seine Umgebung Informationen sammelt.
Beispielsweise erhält der Bordcomputer eines Autos regelmäßig Informationen von den im Auto verbauten Komponenten über fehlgeschlagene Zündungen, die Temperatur des Motors, oder den Einschlagswinkel des Lenkrades.
All diese Informationen können als Messereignisse betrachtet werden, die dem Bordcomputer von den einzelnen Sensoren und Komponenten übermittelt werden.
Während das Beispiel des PKW schon bald komplett in die Kategorie des sogenannten \enquote{Internet der Dinge} fallen wird, finden sich im Internet auf Webseiten zahlreiche weitere Beispiele für Informationen, die in Form von Ereignissen auftreten.
Ein Beispiel hierfür sind Benutzerinteraktionen: Das Auslösen einer Bestellung in einem Onlineshop, das Ändern eines Passwortes durch einen Benutzer oder das Versenden einer Nachricht in einem sozialen Netzwerk sind Ereignisse, die eine Menge an Informationen enthalten.
Abhängig von der Anzahl aktiver Benutzer auf der Webseite, die als Datenquelle dienen soll, kann die Anzahl der dort ausgelösten Ereignisse so groß werden, dass innerhalb von kleinen Zeiträumen bereits \emph{sehr große Datenmengen} zusammenkommen.
Eine Speicherung der Ereignisse hat aufgrund der begrenzten Gültigkeitsdauer ihrer Informationen\footnote{Das Ergebnis der Messung der aktuellen Temperatur eines Automotors kann je nach Situation nur wenige Minuten aktuell sein und wird durch das nächste Messergebnis obsolet.} höchstens einen protokollierenden Nutzen. Daher werden die Ereignisse in Form von Datenströmen an die CEP-Engine übermittelt und dort \emph{nur} für den Zeitraum der Verarbeitung im Hauptspeicher vorgehalten.
Die Informationen der Ereignisse stellen den momentanen Zustand dar; allerdings sind sie für sich alleine betrachtet Kontext- und somit Bedeutungslos. Betrachtet man beispielsweise das Ereignis \enquote{Die gemessene Motortemperatur beträgt 40°C.}, so ist daraus nicht zu erkennen, ob das Fahrzeug gerade seit kurzem auf der Straße unterwegs ist oder lediglich im Hochsommer in der Sonne steht. Auch ist nicht zu erkennen, ob es sich bei dem Motor überhaupt um einen Automotor handelt. Dass überhaupt von einer \enquote{Motortemperatur} die Rede sein kann impliziert bereits die Existenz von \emph{Hintergrundwissen} darüber, wo der Temperatursensor platziert ist - und somit, worauf sich die gemessene Temperatur bezieht.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Zeitraum, in dem Ereignisse auftreten. Um dies näher zu erläutern, betrachten wir beispielhaft den folgenden Ereignisstrom:
\begin{lstlisting}[caption={Exemplarischer Ereignisstrom: Motortemperatur eines PKW}]
Unter Verwendung von Hintergrundwissen sei nun verraten: Der Temperatursensor befindet sich an dem Motor eines PKW und hat in regelmäßigen Abständen diese vier Messwerte gemeldet. Auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass die Messwerte einen sehr starken Temperaturanstieg abbilden, jedoch kann über den nächsten Messwert nur spekuliert werden, da die zeitlichen Abstände zwischen den Messereignissen einen großen Unterschied ausmachen können. Liegen zwischen den Messereignissen beispielsweise etwa 30-60 Minuten, so könnte es sich um einen normalen Betrieb bei hoher Geschwindigkeit handeln. Sollten jedoch nur wenige Minuten zwischen den Messereignissen vergangen sein, so lassen die Messwerte auf einen Defekt im Kühlsystem schließen und ein Motorschaden wäre eine mögliche Folge. Die Zeitachse darf somit bei der Ereignisverarbeitung nicht vernachlässigt werden.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist die Kombination von verschiedenen Ereignissen miteinander. Dies kann genutzt werden, um für ein Ereignis weitere Informationen aus dem Kontext zu erhalten oder um ein Ereignis mit Daten aus anderer Quelle abgleichen zu können. So können beispielsweise die Temperaturmessungen aus dem obigen Beispiel mit Informationen über die Geschwindigkeit des PKW in dem Zeitraum abgeglichen werden oder durch den Vergleich mit anderen Temperatursensoren falsche Messergebnisse durch defekte Sensoren erkannt werden.
Darauf aufbauend ist die Mustererkennung ist ein weiteres Kernfeature von CEP-Engines und dient dazu, aus bestimmten primitiven Ereignissen in vorgegebener Abfolge einen höheren Sachverhalt abzuleiten. Treten bei einem PKW beispielsweise nacheinander die Ereignisse \enquote{Motor abgeschaltet}, \enquote{Fahrzeug verriegelt} und \enquote{PKW beschleunigt} auf, so ist ein abgestelltes Fahrzeug losgerollt, und man sollte unverzüglich dessen Besitzer darüber informieren.
Insgesamt liegt die Herausforderung bei CEP also darin große Ströme von Ereignissen unter Zuhilfenahme von Hintergrundwissen zu kombinieren, relevante Ereignisse daraus zu selektieren und unter diesen Muster zu erkennen, daraus höherwertige und bedeutungsvolle Ereignisse zu konstruieren und möglichst in Echtzeit weiterzugeben.
Um Ereignisse aus verschiedenartigen Quellen gemeinsam zu verarbeiten ist das RDF-Format das Mittel der Wahl. Das Ressource Description Framework (RDF) wird bereits im semantischen Web zur Erfassung und Verknüpfung von Wissen verwendet und kann leicht über die Sprache SPARQL (\enquote{SPARQL Protocol And RDF Query Language}) abgefragt werden. Hierbei werden die Ereignisdatenströme der Engine entweder direkt als RDF-Datenstrom zugeführt oder falls nötig zuvor in einen RDF-Datenstrom konvertiert und dann in die Engine eingespeist. RDF-Daten bestehen aus einer Menge von Tripeln, welche sich aus den drei Komponenten Subjekt, Prädikat und Objekt zusammensetzen. Aufgrund dieser Struktur ist es möglich, jede Form von Informationen auf Tripel verlustfrei abzubilden.
Der große Vorteil bei der Arbeit mit SPARQL auf RDF-Daten liegt darin, innerhalb einer einzigen SPARQL-Abfrage Ereignisse aus verschiedenen Quellen miteinander zu kombinieren, direkt mit Hintergrundwissen zu kombinieren, nach eigenen Kriterien zu filtern, einfache Berechnungen anzustellen und aus dem Ergebnis neue Ereignisse beliebiger Struktur zu erzeugen.
Somit muss der Anwender neben SPARQL keine weitere Programmiersprache lernen oder sich anderweitig mit der Engine auseinandersetzen, sondern kann sich komplett auf die zu analysierenden Ereignisse konzentrieren.
Die Timestamp-Funktion der C-SPARQL-Engine (Version 0.9.6) gibt für Tripel die Literale enthalten keinen Timestamp zurück. Dadurch ist es nicht direkt möglich, solche Tripel zeitlich einzuordnen. Es ist allerdings möglich, dieses Problem durch Erweiterung oder Umstrukturierung der Ereignistripel zu umgehen.